Nach der erfolgreichen Winterflucht, sollte es nun eine Spätfrühlingsflucht werden. Kurz beim lustigen blauen Reisebüro im Weltnetz gestöbert und eine „interessante, wenn auch nicht absolut top bewertete“ Reise gefunden.
1 Woche (Fr.-Fr.) mit Mittags hin und Nachmittags Retour Flug, All Inclusive, Bus Transfer und 4 Sterne Hotel. Da sollte soviel nicht schief gehen können, oder?
Freitag 21.05.2022, gegen Mittag geben wir die Koffer in Zentralbereich ab und schlendern elegant durch den Flughafen München. Ein letzter Umtrunk auf der heimischen Scholle und pünktlich ruft man das Boarding auf. Während alle in Urlaubsstimmung im Flieger Platz nehmen, die zahlreichen Kindlein schon die Kehlen auf Betriebstemperatur bringen um dann bei Start richtig Alarm machen zu können, meldet sich der Chauffeur aus der kleinen Zelle im vorderen Teil des Vogels.
„.. und weil der Flughafen München leider kaum Bodenpersonal und Lotsen und so hat, sind leider noch keine Koffer im unserem Flugzeug, wir müssen leider warten.. blabla .. „
Gedächtnisprotokoll
Ich raune dem Nebensitz zu „ja klar, deshalb starten alle anderen Flieger pünktlich und nur bei der TUI ist auf einmal ein Personalproblem aufgetreten..“ ohne schlimmeres zu ahnen.
Der Flug MUC -> HER dauert nur bisschen über zwei Stunden. Kinder können zwei Stunden am Stück schreien, wenn sie unter 3 sind und zwei Stunden am Stück reden, wenn sie zwischen 3 und 7 sind. Stört zwar die Ruhe ein wenig aber auch Eltern mit Kindern dürfen in den Urlaub fliegen. Daher halte ich brav den Mund und hoffe die Eltern haben weniger Stress am Urlaubsort.
Der Anflug über die sonnenbeschienenen Strände, über die Poollandschaften der Hotels, macht Laune und nachdem die Maschine auf ihrer Parkposition mit den Gangways verbandelt wurde, tritt man in ein warmes Mittelmeerklima und wird mit dem Bus zum Flughafengebäude gefahren.
Setzt mich ohne Ansage in diesen Flughafen, montiert die Schilder ab und lasst mich raten. Lampukistan, Klambocho Maganduli, Fischmarkt in San Plem oder x-beliebiger dritte Welt Flughafen in Mitten eines Bürgerkriegs. Das ist Heraklion Airport. Kein Witz, so eine zusammengeschusterte Bretterburg mit Sanitäranlagen, die einem das Grauen in die Glieder fahren lässt, ist schon „sehenswert“.
Ab jetzt kann es ja nur besser werden. Der Bus wartet schon und ist auch nach wenigen Minuten gefunden. Leider hat dieser Bus ein ernstzunehmendes Problem an Hinterachse/Antrieb, der jault und schrammt und pfeift, „bei uns“, wäre der schon mit einer Zwangsstilllegung beglückt worden. Egal, der Fahrer scheint das Geräusch zu kennen und ignoriert es nun geflissentlich.
Nach 90 Minuten in diesem Seelenverkäufer sind wir am Ziel, das Sissi Bay in Sissi .. an der Bay ..
Der Safe kostet pro Woche mit der Kurtaxe dann mal eben 45.- EUR, eine Klimaanlage kann man dazu kaufen, dies lehnen wir aufgrund der spassig aufgerufenen 50.- EUR, dankend ab. War ein Fehler, kann ich jetzt schon verraten. Aber im Ernst, ein 4 Sterne, All Inclusive Haus, lässt sich 50.- EUR / Woche zahlen für eine Klimaanlage? Das ist schon ein Abturner. Wir sind um 20:25h Ortszeit am Hotel, es gibt noch ein paar Minuten Essen und sollen uns beeilen, damit wir nicht „hungrig ins Bett“ müssen. Die Auswahl ist .. überschaubar und gar nicht mal so gut. Aber ok, wir sind spät und dankbar, überhaupt noch was zu bekommen. Im Anschluss noch ein paar Humpen lokalen Gerstensafts und ein paar Ouzo auf Eis und dann ab ins Bett.
Die folgenden Tage sind geprägt von den immer gleichen Ritualen.
- 06:45h Aufwachen .. schon (oder noch) leicht schwitzig ins Bad
- 07:45h Ab zum Frühstück. Bacon, Eggs, Beans, „seltsame“ Wurst, immer der gleiche Käse, unspektakuläre Auswahl im Allgemeinen
- 09:00h Ab zum Pool. Planschen, Ouzo, Bier, Planschen, Bier, Ouzo, Planschen und dazwischen Sonne tanken.
- 12:15h brav als erste an den Tischen um einen Platz im Schatten zu ergattern. Das Buffet ist kalt .. also auch die sogenannten „Warmen Speisen“. Es ist einfach alles kalt oder maximal lauwarm.
- 13:00h Planschen, Ouzo, Bier, Planschen, Bier, Ouzo, Planschen und dazwischen Sonne tanken.
- 16:00h Zwei Stücke Schokokuchen (Kind würde sagen „das ist ja nur Fett und Mehl“) und weiter am Pool
- 18:00h Ab aufs Zimmer, duschen (Pool ist Salzwasser), bisschen humanes Aussehen zaubern
- 19:00h Abendessen .. das Buffet ist .. kalt oder lauwarm .. aber nicht gut. Das Niveau ist mit viel gutem Willen als „Kantinenniveau“ zu bezeichnen. Da reisst es die Pizza, die frisch aus dem Ofen kommt, auch nicht mehr raus. Liegt zur Selbsbedienung aus und ist .. kalt. Nicht schlecht aber kalt.
- 20:00h Rüber zur Tropical Bar und noch ein paar Absacker zischen
- 23:00h Bettzeit .. naja .. oder auf dem Balkon auf kühlen Wind hoffen und alle Stunde einen neuen Versuch starten, zu schlafen.
Seit dem ersten Tag wird es stetig wärmer, von 27°C arbeitet sich die Aussentemperatur langsam auf 31°C hoch und damit auch die Temperatur des Zimmers. Kein Abend an dem man sich nicht verspricht „aber morgen geh ich zur Rezeption und kaufe diese beschissene Aircondition..“ um es dann doch nicht zu machen.
Geht halt auch tagsüber, trotz 30°C, wenn man unter ein paar Sonnenschirmen am Pool rumgammelt, immer wieder Radler, Bier, Wasser, Ouzo auf Eis aus dem All Inclusive Paket leiert und in sehr kurzen Abständen in den Pool steigt. Da vergisst man immer wieder aufs Neue, wie hart es ist, bei den Temperaturen zu schlafen.
Mediterranes Klima ist nicht meins .. lediglich an einem Tag konnte man mich motivieren zum Hafen zu gehen und dort zu Abend zu essen. War deutlich besser als im Hotel .. aber kein Schnäppchen. Egal. Danach in die Jolly Roger Bar, zu Live Musik und Bier …
4 Sterne .. keine Klimaanlage im Reisepreis enthalten und jeden Tag Spaghetti mit Tomaten-/Hackfleischsosse. Daneben eine kleine Auswahl von Fisch, Mousaka, Huhn, Schweinegulasch, Reis, … insgesamt aber wenig „typisch griechisch“, wie man es erwarten würde und vor allem kein besonders gutes Essen.
Empfehlenswert? x von 5 Punkten:
- Anlage / Lage: 4 Punkte
- Sauberkeit: 5 Punkte
- Pool(s): 4 Punkte
- Personal / Freundlichkeit: 5 Punkte
- Getränke: 4 Punkte
- Essen: 1 Punkt
Wie jeder Urlaub, geht auch dieser zu Ende .. beim Auschecken um 11:00h stellen wir die Koffer in die Lobby und gehen mit den Badesachen nochmal zum Pool. Wir geniessen den Tag noch in der Sonne, denn erst um 15:45h kommt der angekündigte Shuttlebus, der uns zum Flughafen bringt. Diesmal ohne Nebengeräusche im Antrieb.
Wir dürfen wieder in den lustigen Heraklion Airport, der inzwischen auch mit 31°C in der Sonne glüht. Nach der Kofferaufgabe durch den „Sicherheitsbereich“ und dann in eine andere Welt. Der Bereich zwischen Security und Gate ist die „kauf als ginge es um Dein Leben“ Meile jedes Flughafens, Neon hier, Marmor da, Sandwich Shop dort. Dahinter die Toiletten .. Modell Kalkutta. Zwei belegte Brote, eines mit Schinken eines mit Ei Käse und eine Flasche Wasser, bevor man wieder aus dem Konsumbereich in den Wartebereich der Gates A1 – A5 tritt und hier schlägt einem die Temperatur volles Rohr in die Magengrube.
Weder Aircondition noch Lüftung oder wenigstens ein popliger Ventilator schafft Abhilfe .. gefühlt 2000 Reisende stehen dicht an dicht um die etwa 300 Sitzplätze. Eltern halten ihre schwitzenden, schreienden Kinder im Arm, Menschen verdrehen Augen, stöhnen, fächeln sich mit iPads Luft ins Gesicht.
A2 .. das Gate A2 soll um 18:35h den Flieger von Kreta nach München entlassen .. leider ist der Abflug auf der Anzeigetafel auf „delayed 19:20h“. Also noch eine knappe Stunde länger zwischen Geschrei, Weinen und schweissnassen Menschen.
Irgendwann wird der Flug dann doch aufgerufen, wir wandern die Treppe hinunter und besteigen den Zubringerbus. Wir fahren vorbei an zwei TUI Maschinen .. entfernen uns immer weiter von ihnen, rollen mit einem vergnügten Fahrer an das andere Ende des Flughafens, wo er schliesslich hält, die Türen öffnet und wir stehen von einer „easyjet“ Maschine.
„TUI, TUI!“ ruft der halbe Bus und der eben noch vergnügte Fahrer blickt sichtlich verunsichert auf seinen Fahrplan, ruft dann eine Frau vom Bodenpersonal ran und verkündet ihr, dass offensichtlich keiner Aussteigen will.
Die Dame kommt zur offen stehenden Tür und frägt nach Bordkarten, studiert diese kurz und geht wieder zum Fahrer. Der schaut sich um .. überlegt und schliesst die Tür. Es sind nun 32°C plus erhitzte Gemüter.
Die lustige Fahrt geht weiter und nach ein paar Minuten tauchen die beiden TUI Maschinen wieder auf. Wir halten bei der Ersten und steigen aus.
Nachdem wir die Gangway am Heck die Luftschiffes erklommen haben, frage ich höflich „Guten Abend, wohin fliegt die Maschine denn?“ – „Ähh .. haha, das wissen wir noch nicht .. haha..“ Ja, ganz lustig, wir wurden beinahe in eine easyjet Maschine nach „weissderHenker“ gesetzt und nun hoffen wir einfach im richtigen Flieger zu sitzen.
war es genau 22:00h
Handgepäck verstauen, Anschnallen, warten ..
Der Flugzeuglenker meldet sich „.. leider hat sich der Abflug aus München verögert, weil kein Bodenpersonal und keine Mannschaft zum verladen des Gepäcks zur Verfügung standen.. also alles Schuld von „anderen“. Aber bald geht es los.“
Gedächtnisprotokoll
Eigentlich wollte ich ein bisschen über das Essen meckern, den Urlaub in sich jedoch lobpreisen, nun wurde es doch ausführlicher .. und das aus gutem Grund.
Diese „wir sind an nix Schuld, München hat halt kein Personal“ Nummer kam mir irgendwie spanisch vor und prompt stranden die Gäste von TUI Flug X3 2139 auf Fuerteventura. In den Kommentaren finden sich dann noch etliche Urlauber die auf anderen Flügen mit der TUI Ungemach hatten. Mal sehen ob in 2 Wochen (Spoileralarm) hier eine lustige Fortsetzung zu lesen sein wird .. stay tuned für Operation „Sommerflucht“. 😉